ANDREA GUBITZ | Heimat-Photographie

Ich sehe was, was Du nicht siehst

ANDREA GUBITZ – Heimatphotographie

Pilze im Frankfurter Stadtwald

Pilze im Frankfurter Stadtwald

Inhalt

Standortwahl und Ausrüstung

Zweifellos gehören Pilze zu den attraktivsten Herbstmotiven überhaupt. Diese Wesen – nicht Pflanzen und nicht Tiere – offenbaren ihre volle Schönheit so richtig erst vor der Kamera, unterstützt von ein wenig zusätzlichem Licht. Zu finden sind sie überall, wo es ein wenig feucht ist und viel Totholz herumliegt. All dies hat der Stadtwald in Frankfurt zu bieten. Daher zieht es mich in jedem Herbst mindestens einmal dorthin.

An Photoausrüstung braucht es nicht viel: natürlich eine Kamera, ein Objektiv mit einer möglichst geringen Naheinstellgrenze, ein Stativ, eine Unterlage für die Kamera (für bodennahe Aufnahmen) und eine Taschenlampe. Klamotten, die dreckig werden dürfen, sind auch sehr hilfreich.

In diesem Jahr konnte ich meine Freundin Carola für ein gemeinsames Pilz-Shooting gewinnen; wir sind ja schon ein eingespieltes Team. Ihre Fotos zeigen eindrucksvoll, ein Makroobjektiv wird nicht gebraucht, auch wenn es natürlich ein „nice to have“ ist.

Hohe Tiefenschärfe ausgereizt

Bei Carolas Bildern (zum Vergrößern auf das Photo klicken) fällt die Vorliebe für eine stark geschlossenen Blende auf. Das garantiert Tiefenschärfe, führt zu sehr langen Belichtungszeiten und einer gewissen Beugungsunschärfe, der bei Carolas Fotos allerdings kaum zu sehen ist, am ehestens noch bei der dritten Aufnahme. Gleichwohl würde ich es mit dem Abblenden auch nicht übertreiben. Da sich an unserem Fototag kein Lüftchen regte, sind die langen Belichtungszeiten kein Problem. Mein Favorit der Serie ist das Bild 1, die beiden zarten, fast weißen Pilze auf dem knorrigen Baumstamm, die sich ziemlich genau auf der Drittellinie befinden, bilden eine interessante Mischung aus zwei unterschiedlichen Strukturen. Auf dem Bild 2 kommt das Leuchten der Pilze richtig schön zur Geltung.

Hier gibt es Bokeh

Für mich ist das Bokeh ein wichtiges gestalterisches Element. Das bedeutet für meine Blendewahl: so geschlossen wie nötig und so offen wie möglich. Als ich angefangen habe, mit einem Makroobjektiv zu fotografieren, war ich von der Möglichkeit faszinert, ganz dicht an ein Motiv zu gehen. Oft habe ich dabei die Naheinstellgrenze von 1:1 auch ausgereizt, um kleine Details groß herauszubringen. Das funktioniert am besten bei feinsten Strukturen, wie den winzigen Pilzen, die auf anderen Pilzen wachsen (Bild 4). Inzwischen finde ich diese Perspektive in den meisten Fällen nicht mehr so attraktiv. Ich gebe dem Motiv – hier den Pilzen – mehr Raum und beziehe die Umgebung mit ein. Auf den Bild 5 habe ich den Pilzen (zu?) viel Raum gegeben, um zu betonen wie klein sie sind. Carolas Kommentar hierzu: Der sehr unscharfe Hintergrund ist zu groß und zu dominierend. Hat sie recht? Die Bildaufteilung in Bild 3 gefällt ihr besser – mir inzwischen auch. Hier ist übrigens die Durchleuchtung mit Hilfe des natürlichen Sonnenlichts entstanden, während auf Bild 2 die Taschenlampe zu Einsatz kam. Auch die letzte Aufnahme zeigt eine typische Umgebung von Pilzen, nämlich das Gestrüpp im Unterholz.

Herausforderung Weitwinkel

Neben meinem 105er Makro war ein 14 mm Objektiv im Rucksack. Auch Carola war mit 10 mm an APS-C mit einer vergleichbaren Brennweite ausgestattet. Die Bildidee war, die Pilze prominent den Vordergrund zustellen und den Herbstwald im Hintergrund zeigen. Allerdings gestaltete sich die Umsetzung (bei mir) schwieriger als gedacht: Es ist schon verdammt viel drauf, auf so einen Photo. Daher können sie leicht etwas durcheinander wirken. Hier zum Vergleich jeweils eine Aufnahme von Carola und eine von mir.

Das Photo von Carola ist eindeutig das bessere: Es ist aufgeräumt, Vorder- und Hintergrund sind gut voneinander getrennt, und die Pilze heben sich farblich gut ab. Mein Bild setzt auf die Wirkung der Komplementärfarben Blau und Orange, ein paar Blätter hätte ich aber wohl besser weggeräumt. Mein 14er und ich, wir fremdeln noch ein wenig.

Gemeinsam photographieren!

Das schönste Hobby der Welt mit der besten Freundin zu teilen, das ist schon eine tolle Sache. Vor Ort kann man sich über Kameraeinstellungen sowie Bildideen und -gestaltung austauschen und von der anschließenden Bildkritik (corona-konform online) nur gewinnen.

3 Gedanken zu „Pilze im Frankfurter Stadtwald“

  1. Hallo Andrea,
    die wundervollen Pilzfotos von Carola und Dir im Frankfurter Stadtwald haben in mir schöne Erinnerungen hervorgerufen. Herzlichen Dank!
    Pilze bilden neben den Pflanzen und Tieren ein eigenes geheimnisvolles Reich von Lebewesen, sie sind etwas ganz Besonderes.
    Pilze faszinieren mich schon immer, sie gehören zu den schönsten Kindheitserinnerungen aus meiner oberschlesischen Heimat. Dort bin ich schon als kleiner Steppke mit meinem Vater an (bevorzugt feucht-warmen) herbstlichen Sonntag-Vormittagen durch die Wälder um unser kleines Dorf herum gestreift, auf der Suche nach Steinpilzen, Birkenpilzen, Pfifferlingen, Champignons und all den anderen wohlschmeckenden Sorten.
    Mein Vater hat mich gelehrt, zwischen Steinpilzen und Satansröhrlingen, Champignons und Knollenblätterpilzen, Pfifferlingen und falschen Pfifferlingen zu unterscheiden. Er hat mir auch viele Dinge beigebracht, die ein Pilzsammler wissen sollte, zum Beispiel an welchen Stellen welche Pilze bevorzugt wachsen. Zu Hause haben wir die Pilze dann geputzt und meine Mutter hat daraus köstliche Pilzgerichte zubereitet. Wenn wir beim Sammeln allzu erfolgreich waren, dann wurden die überschüssigen Exemplare auf dem Dachboden zu Trocknen ausgelegt, für leckere Pilzsuppen und –soßen in den langen und meist schneereichen schlesischen Wintern.
    In dem schönen Kinderlied von Hoffmann von Fallersleben (1843) „Ein Männlein steht im Walde, ganz still und stumm, es hat von lauter Purpur ein Mäntlein um…“, da habe ich mir immer einen Fliegenpilz vorgestellt. Nun habe ich gelesen (bei Wikipedia, wo sonst?), dass mit dem Männlein im purpurroten Mäntlein die Hagebutte gemeint sein soll. Welcher Unsinn, Hagebutten stehen nicht in Walde, höchstens am Waldrand, und schon gar nicht auf einem Bein, sie hängen gebündelt kopfüber am Strauch. Als Kind fand ich es auch ziemlich gemein, dass die Natur die schönen Fliegenpilze giftig gemacht hat.
    Wer mal in ein Buch über Pilze schaut und sieht, welche schöne und treffende Namen unsere deutsche Muttersprache für die Pilze gefunden hat, der kann eigentlich nur staunen, wie über den langstieligen Schleimfuß, den purpurfleckenden Klumpfuß, oder den spitzgebuckelten Rauhkopf, um nur ein paar zu nennen.
    Eine kritische Anmerkung zum Schluss. Den Ausdruck „Schießen“ mag ich im Zusammenhang mit dem Fotografieren überhaupt nicht, und das anglizistische „Shooting“ erst recht nicht. Und ein Makroobjektiv muss für Pilzfotos nicht sein, es ist aber schön, wenn man eins hat.
    Es grüßt KHT

    Antworten
    • Hallo KHT!

      Vielen lieben Dank für Deinen ausführlichen und informativen Kommentar, der ja fast schon ein eigener Beitrag ist und hoffentlich viele Leser findet. Auch Deine Kritik an den beiden Anglzismen nehme ich mir zu Herzen und gelobe Besserung. Das Wort „Shooting“ ist als fester Begriff in der Fotogafie allerdings schwer zu ersetzen. Es bedeutet ja gerade nicht „Schießen“, sondern ein Fotomodell gekonnt in Szene setzen.

      Liebe Grüße
      Andrea

      Antworten
      • Hallo Andrea,

        bei Pilzen gerate ich halt leicht ins Schwärmen und der Kommentar wurde recht lang, werde mich bessern.
        Wir haben mit „Fototermin“ einen schönen Ausdruck. Nach Wikipedia ist „shooting“ ein Scheinanglizismus , wo es heißt, „im Englischen bezeichnet der Begriff shooting keinen Fototermin, sondern eine Schießerei“.

        Anyway, I wish you more of pretty fine shots. Never mind if you become a shooting star.
        KHT

        Antworten

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