ANDREA GUBITZ | Heimat-Photographie

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ANDREA GUBITZ – Heimatphotographie

Das ehemalige Polizeipräsidium in Frankfurt am Main

Inhalt

20 Jahre Leerstand - das zehrt an der Substanz

Das ehemalige Polizeipräsidium in Frankfurt – in den Jahren 1911 bis 1914 erbaut – schmückte einst mit seiner prächtigen neobarocken Fassade den Hohenzollernplatz, der heute Friedrich-Ebert-Anlage heißt. Große Gebäudeteile wurden im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt und in den fünfziger Jahren durch zum Teil wenig attraktive Neubauten ersetzt. Dieser Palast für Sicherheit und Ordnung steht seit gut zwanzig Jahren leer und „gammelt“ vor sich hin. Vorübergehenden Fremdnutzungen wie eine Disco oder ein Boxclub, aber auch Vandalismus taten ihr Übriges. Die einen schwärmen vom ehemaligen Polizeipräsidium als einem „lost place“, die anderen von einem Ort des Gruselns. Doch mit all dem ist bald Schluß, denn das Areal wird neu bebaut. Nur der Gebäuderiegel an der Friedrich-Ebert-Anlage steht unter Denkmalschutz und wird saniert.

Mit einer Führung und/oder einer Phototour besteht bis auf Weiteres noch die Möglichkeit, die Innenräume des Gebäudes zu besuchen. Die Führung kann man sehr empfehlen, vor allem wenn man die Kriminalgeschichte Frankfurts noch eimal vor seinem geistigen Auge vorbeiziehen lassen möchte. Der Photoworkshop ist eine gute Gelegenheit, Innenaufnahmen zu machen, das Wort „workshop“ ist allerdings in diesem Zusammenhang irreführend. Bei 20 Teilnehmern und 2,5 Stunden Zeit gerät das Photographieren außerdem auch etwas stressig.

Obwohl arg verwahrlost, bietet das Gebäudeinnere Motive satt.

Alte Pracht: Eingangshalle und Treppenhäuser

Vor allem die Eingangshalle ist erstaunlich gut erhalten, aber auch Treppenhäuser, endlos lange Gänge und viele Gebäudedetails laden zum Photographieren ein. Da es in einigen Bereichen das Gebäudes recht dunkel ist, kommt man um ein Stativ nicht umhin, und Belichtungsreihen sollten auch eingeplant werden.  Muß man aufgrund der begrenzten Zeit dann doch einmal zu hohen ISO-Werten greifen, so lohnt sich eine Entrauschung mit einem KI-basierten Programm.

Besonders bemerkenswert sind die Jugendstilfenster in der Eingangshalle, die fast vollständig im Original erhalten sind. Aber auch die mächtigen Säulen und die verspielten Treppengeländer sind ein echter Hingucker. Leider haben sich die Nachnutzer ebenso verewigt, und zwar auf wenig stilvolle Weise.

Geheimnisvoller Code auf den Scheiben?

Bei meinem ersten Besuch im Polizeipräsidium habe ich einen geheimnisvollen Code auf einem Fenster entdeckt. Sind es vielleicht Binärzahlen, in jeder Zeile eine? Wenn ja, wie lauten sie in dem uns so vertrauten Dezimalsystem?

Lieber Leser, möchtest Du eine Lösung, dann schreib es in die Kommentare. Oder, besser, schreib doch die Lösung gleich selbst in die Kommentare.

Endlos lange Gänge und viele Türen: Verlaufen leicht gemacht!

Gerade wenn man mit der Kamera auf Motivsuche durch die Gänge meandert, kann man leicht die Orientierung verlieren. Neben den schier endlos erscheinenden Gängen gibt es parallel dazu nicht enden wollende Türfluchten durch die ehemaligen Büros. Hier wurden früher Zeugen und Verdächtige dezent voneinander getrennt. Neben düsteren Eindrücken finden sich aber auch freundliche Farben. Mit ein bißchen Ortoneffekt garniert, könnte man sich sogar in ein verträumtes, leeres Schloß versetzt fühlen.

Zwei besondere Räume

In einem ehemaligen Polizeipräsidium gibt es natürlich auch weniger angenehme Räumlichkeiten. Hierzu zählen neben Vernehmungsräumen die Zellen, in denen Verdächtige während der Untersuchungshaft logieren mußten. Komfortabel ging es dort auf einer Holzpritsche und ohne Toilette nicht zu. Hier waren auch so bekannte Terroristen wie Andreas Baader „zu Gast“.

 

 

 

 

In einem der großen Säle sind noch deutlich die Spuren der Zwischennutzung zu erkennen, wie links im Bild, wo noch die Wandgestaltung einer Disco zu sehen ist.

Mein Fazit

Ich habe das Gebäude im Rahmen einer Führung sowie einer Phototour im Abstand von zwei Monaten besucht. In diesem Zeitraum haben schon eine Reihe von Aufräumarbeiten stattgefunden, weshalb das ein oder andere Photomotiv verschwunden ist. Dadurch geht der Charakter eines „lost place“ etwas verloren, aber die Bildgestaltung wird einfacher. Allerdings stehe ich der touristischen Vermarktung von verwahrlosten Orten auch ein bißchen skeptisch gegenüber. Macht es Sinn, in regelmäßigen Abständen ganze Gruppen von Photographinnen und Photographen an solche Orte zu führen, die dann alle mehr oder weniger das gleiche ablichten?

Wäre das Polizeipräsidium nicht in Frankfurt, und wäre ich an dem imposanten Gebäude nicht zigmal vorbeigegangen, mich fragend, wie es wohl von innen aussehen mag, dann wäre ich wohl nicht hineingegangen. Aber gut, daß ich es gewagt habe.

Ein Vergleich mit dem neuen Polizeipräsidium an der Adickesallee wäre sicherlich reizvoll.

6 Gedanken zu „Das ehemalige Polizeipräsidium in Frankfurt“

  1. Das Bild „Türflucht“ gefällt mit besonders gut. Zum einen spiegelt es sehr gut die alte Pracht des alten Polizeipräsidiums. Zwar gibt es hier keine Säulen oder Jugendstilfenster wie in der alten Eingangshalle, aber es zeigt, wie hochwertig auch die vielen Büroräume damals waren. So kommt der alte Parkettfußboden hier sehr gut zur Geltung und die vielen Türen zeigen, mit welchen Details die Türen zwischen den Arbeitszimmern ausgestattet waren. Zum anderen zeigt dieses Bild den Verfall des Gebäudes in beeindruckender Weise. So fallen die Tapeten von der Wänden und die Farbe blättert von den kaputten Holztüren ab. Die modern gemusterte Tapete ist zudem Zeuge der vorübergehenden Fremdnutzung und passt überhaupt nicht zur damaligen edlen holzbetonten Ausstattung.

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  2. Wirklich sehr gute Fotos von und in einem alten und geschichtsträchtigen Gebäude. Schade, dass es das Land Hessen an einen Projektentwickler verkauft hat.
    Was den geheimnisvollen Zahlencode angeht, so überzeugt mich Wolfgangs Lösung nicht. Angenommen, es sind tatsächlich Binärzahlen. Doch warum sollen die Zahlen in den vier Zeilen addiert werden? Was ist das Besondere an der Zahl 67?
    Wenn man die Zahlen in den Zeilen abwechselnd addiert und subtrahiert, egal, ob mit dem Addieren oder dem Subtrahieren begonnen wird, stets kommt die Zahl 13 = 1 1 0 1 heraus . Das wiederum ist die Binärzahl in der zweiten (Fenster-) Zeile UND in der fünften (Fenster-) Spalte. Beim Tarot wird die Zahl 13 mit dem Tod (La Mort) in Verbindung gebracht. Wurde hier also der (Abriss-) Tod des alten Polizeipräsidiums ver-sinn-bild-licht?

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