
Vögel in der Wetterau
Inhalt
Der frühe Photograph fängt das Bild
An einem Tag im Mai klingelt der Wecker schon um 3:30 Uhr. Nach einem Käffchen zum Wachwerden schnappe ich mir den fertig gepackten Rucksack, und los geht’s. Wer Vögel photographieren möchte, sollte früh aufstehen – richtig früh, denn die Fahrt von Frankfurt in die Wetterau dauert eine knappe Stunde, und ich möchte schon vor Sonnenaufgang um 5:30 Uhr „schußbereit“ sein. Wie das Beitragsbild oben zeigt, ist diese Tageszeit magisch. Am frühen Morgen liegt noch Nebel über dem Bingenheimer Ried, und es ist empfindlich kalt.
Mein erstes Ziel ist der Beobachtungsturm am Ried. Hier hat man die Sonne im Rücken und sieht die Vögel langsam aus dem Nebel auftauchen, ein wunderbarer Anblick. Als die Sonne gerade über den Horizont blinzelt, ist mir auch gleich die Aufnahme des Tages gelungen. Mit der Kamera am Auge beobachte ich einen Graureiher, der nach seinem Frühstück Ausschau hält. Dann plötzlich nähert sich ein Nutria und greift ihn an, vermutlich aus Angst um seinen Nachwuchs. Eine solche Szene ist sehr selten zu beobachten. Im Serienbildmodus habe ich bei einer Belichtungszeit von 1/2500 sec. und offener Blende (f 5,6 bei meiner 500mm-Linse) den spannendsten Moment erwischt – ein springendes Nutria. Die Wahl des ISO-Werts überlasse ich der Kamera (hier ISO 1600).
Lachmöven im Flug
Beim ersten Sonnenlicht des Tages schaue ich den Lachmöven bei ihren Rundflügen zu. Noch ist es etwas nebelig, und es gibt wenig Licht im Schilf. Um den ISO-Wert nicht allzusehr in die Höhe zu treiben, reduziere ich die Belichtungszeit auf 1/800 sec., das ist eigentlich zu lang, aber auf die Entfernung bekomme ich doch ein einigermaßen scharfes Photo (linkes Bild).
Unter diesen Umständen kann man auch einmal mit Bewegungsunschärfen experimentieren. Hierzu verlängere ich die Belichtungszeit auf 1/25. Die Aufnahmen sind aus der Hand entstanden. Zunächst versuche ich, die Kamera möglichst ruhig zu halten, in dem ich die Arme auf einer Brüstung aufgestützt habe. Die Unschärfe entsteht durch die Bewegung des Vogels. Durch die geringe Tiefenschärfe ist auch der Hintergrund unscharf, aber der Vogel immer noch gut zu erkennen (mittleres Photo).
Eine andere Möglichkeit ist ein Mitzieher (rechte Aufnahme). Hierbei wird während der Belichtung von 1/30 sec. die Kamera mit dem Vogel bewegt. Um die Lachmöve mit dieser Technik charf abzubilden, bedarf es sehr viel Übung, aber Perfektion ist hier fehl am Platz; es reicht, wenn die Vogelart gut bestimmbar ist. Die Strukturen im Hintergrund sind fast vollständig aufgelöst. Daher spielen jetzt die Farben eine besonders wichtige Rolle.
Es tut sich etwas im Schilf
Kommen wir nun zu dem gemütlicheren Teil meines Ausflugs in der Mittleren Horloffaue bei Utphe. Hier gibt es eine Beobachtungshütte mit Blick ins Schilf. Dort angekommen, kann man sich erst einmal auf einer kleinen Bank niederlassen, das Picknick auspacken und schauen, was sich vor der Hütte so tut. Schnell stellt sich heraus: Es ist einiges los hier.
Als erstes tauchen kleine Rohrsänger (rechte Spalte) auf, ob es nun Teich- oder Sumpfrohrsänger sind, vermag ich nicht zu sagen. Vielleicht kann ja ein Leser in den Kommentaren weiterhelfen. Auf jeden Fall sind die quirligen Kerlchen sehr niedlich.
Nach kurzer Zeit tauchen auch Goldammern (linke Spalte) auf. Schnell wird klar, das sie in unmittelbarer Nähe zur Hütte ein Nest im tiefen Dickicht aus Schilfhalmen und Brennnesseln haben. Der Nachwuchs ist bereits geschlüpft, denn die Eltern bringen reichlich Futter.
Was sonst noch umherfliegt
So sehr es auch Spaß macht, den kleinen Vögeln im Schilf zuzuschauen, irgendwann geht es zurück zum Auto. Unterwegs lassen sich noch einige Störche beobachten und photographieren. Sie gehören zu den zuverlässigsten Photomodellen.
Es gibt natürlich noch viele andere Vogelarten hier in den Vogelschutzgebieten, vor allem Kiebitze und eine Vielfalt von Entenarten. Mit etwas Glück kann man sogar Blaukehlchen antreffen. Darüber habe ich in einem früheren Beitrag schon einmal ausführlich berichtet. Hier findet Ihr auch einige Tipps zur Vogelphotographie.
Und wenn der Frühling vorbei ist ...
… dann warten wir auf den Herbst. Gemeinhin gilt zwar der Frühling als die beste Zeit, um in die Wetterau zu fahren, aber auch im Herbst kann sich ein Besuch lohnen, nämlich wenn die Kraniche auf ihrer Reise nach Süden hier Rast machen. Kurz nach Sonnenuntergang kommen sie in großen Gruppen und ziehen ihre Kreise, bevor sie auf den Wiesen landen – ein beeindruckendes Spektakel.
Die Vögel des Glücks machen allerdings nicht jedes Jahr hier Station. Informationen darüber gibt es reichlich im weltweiten Netz, z.B. hier.
Bei meinen Ausflügen in die Wetterau bin ich immer reichlich mit Naturerlebnissen beschenkt worden, auch wenn nicht jeder Artenwunsch der Photographin in Erfüllung geht.