Eis - Wasser in seiner schönsten Form

Inhalt
Motive zum Dahinschmelzen
Zum Ende der kalten Jahreszeit schauen wir uns noch einmal ein besonders reizvolles Photomotiv an: Eis. Im zurückliegenden Winter gab es zwar wenig Schnee, aber ausreichend Minusgrade, um stille Gewässer zufrieren zu lassen. An Bächen erstarrte ein Teil des rasch fließenden Wassers, und es bildeten sich bizarre Eiszapfen und andere interessante Strukturen. Solche Bäche findet man vor allem in den Mittelgebirgen.
Besonders außergewöhnliche Motive ergeben sich bei Eisregen, wenn Tropfen an Zweigen und Fruchtständen gefrieren. Diese Wetterkonstellation ist eher selten, und die kleinen Eiszapfen schmelzen meistens schnell dahin. Daher sollte man eine solche Gelegenheit zügig beim Schopfe ergreifen. Aber Vorsicht, auch der Boden ist dann spiegelglatt.

Gefrierender Regen
Vor einem Jahr hatte ich das Glück, gefrierenden Regen direkt vor meiner Haustür zu photographieren. Die Hagebutten der Hundsrosen behalten oft lange bis in den Winter hinein ihre kräftig rote Farbe. Auch die Zweige vom roten Hartriegel sorgen für eine harmonische Farbgestaltung.

Die Aufnahmen in diesem Abschnitt habe ich mit einem 105er Makroobjektiv (an Vollformat) aus der Hand gemacht. Jedes andere Objektiv mit einer relativ kurzen Naheinstellgrenze tut es aber auch. Um einen stark aufgelösten Hintergrund zu erzielen, habe ich die Blende so weit wie möglich geöffnet; für einen möglichst niedrigen ISO-Wert von höchstens 800 erhöhe ich die Verschlußzeit so lange, bis gerade noch verwacklungsfreie Aufnahmen aus der Hand möglich sind.
Der Bokehkreis im Hintergrund des nebenstehenden Bildes stammt von einer künstlichen Lichtquelle eines Hauses.

Erstarrt und fließend
Im Februar habe ich ein paar Tage im Oberharz verbracht. Dort gibt es Teiche und Bäche en masse. Vor 800 Jahren hatte man begonnen, Teiche und Wasserläufe zur Gewinnung von Energie anzulegen, die für den Bergbau gebraucht wurde. Heute dienen sie teilweise als Trinkwasserreservoir.
Beim Photographieren lag mein besonderes Augenmerk zunächst auf dem Gegensatz von fließendem und gefrorenem Wasser; um die Bewegung des Wassers zu betonen, müssen Verschlußzeiten von 1/25 oder länger gewählt werden. Hier sollte man ein bißchen probieren, denn viel hängt von der Fließgeschwindigkeit ab.
Bizarre Strukturen
Vor allem die kleinen Bäche hatten es mir angetan. Durch das Spritzwasser bilden sich bizarre Strukturen und die Steine sind mit einer Schicht aus Eis umhüllt. Mit ein bißchen Phantasie lassen sich allerlei Dinge und Wesen darin erkennen. Die letzte Aufnahme zeigt die zugefrorene Oberfläche eines Teichs.
Auf Wanderschaft bin gern mit einer leichten Kameraausrüstung unterwegs. Daher sind alle Aufnahmen im Oberharz mit einem Telezoom (40-150 mm) an einer MFT-Kamera entstanden. Bei strahlendem Sonnenschein lassen sich niedrige ISO-Werte auch mit komfortabel kurzen Belichtungszeiten realisieren.
Zum Schluß ein paar praktische Hinweise
Photographische Aspekte
Zu den photographischen Aspekten der „Eisphotographie“ habe ich ja schon einiges gesagt. Da unsere Motive im wahrsten Sinne des Wortes starr sind, gibt es keine technischen Herausforderungen. Hat man erst einmal eine interessante Stelle mit Eisformationen gefunden, sollte man sich unbedingt Zeit lassen, alle möglichen Perpektiven und Bildausschnitte auszuloten. Gerade hier haben kleine Veränderungen oft eine große Wirkung.
Wenn es um Eis und Kälte geht, dann soll das auch in den Photos zum Ausdruck kommen. Daher wähle ich beim Weißabgleich eher einen höheren Kelvinwert, aber das ist natürlich Geschmackssache. Da ich ausschließlich im RAW-Format photographiere, stelle ich den passenden Wert in der Nachbearbeitung ein. In meiner Kamera steht der Wert immer auf 5200 (ungefähr Tageslicht).
Kleidung
Gutes Schuhwerk und warme Kleidung sind ein Muß. Ich zumindest mache keine guten Photos, wenn ich friere. Und wo Eis im Spiel ist, wird es schnell glatt, insbesondere an Wasserfällen. Eine Winterhose aus dem Jagdbedarf ist zwar nicht ganz billig, aber sehr nützlich, da sie beim Knien und Sitzen sehr warm hält sowie schmutz- und wasserabweisend ist. Das oft lästige Hantieren mit einem Sitzkissen entfällt.
Inzwischen ist im Rhein-Main-Gebiet der Frühling eingekehrt, und Schneeglöckchen, Winterlinge und Krokusse füllen Parkflächen und Böschungen mit farbenfrohen Teppichen. Das läßt uns den Abschied von den hübschen Eiszapfen leichter fallen – aber der nächste Winter kommt bestimmt.