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Doppel- und Mehrfachbelichtungen
Doppel- und Mehrfachbelichtungen sind eine sehr attraktive Möglichkeit, einem Photo mehr Glanz oder eine malerische Note zu geben, aber auch Motive zusammenzufügen, die einander auf sinnvolle Weise ergänzen. Die Technik gibt es schon ungefähr hundert Jahre. Zwei Arten von Mehrfachbelichtungen lassen sich unterscheiden: solche, die in der Kamera entstehen, und solche, die später in der Nachbearbeitung zusammengefügt werden. Bei letzteren kann man im Einzelfall darüber streiten, ob es sich noch um eine Mehrfachbelichtung oder schon um ein Composing handelt. Ein einfaches Beispiel ist eine HDR-Aufnahme; viele Kameras können diese direkt in der Kamera erstellen, meistens jedoch werden die Belichtungsreihen im Nachhinein mittels einer Software zusammengerechnet. Ein zweites Beispiel wäre ein Photo-Stacking, also das Zusammenfügen von Bildern des gleichen Motivs mit unterschiedlichen Schärfepunkten, um die Tiefenschärfe zu kontrollieren.
Hier soll es jetzt aber um die kreativen Möglichkeiten der Mehrfachbelichtung gehen. Alle gezeigten Bildbeispiele sind Doppelbelichtungen.
Doppelbelichtung aus der Kamera
In vielen Digitalkameras läßt sich eine Mehrfachbelichtung im Menue einstellen, oft auch mit der Option der Belichtungsanpassung, so daß das Endergebnis „richtig“ belichtet ist. Am einfachsten ist es, wenn man die Mehrfachbelichtung im Live-View verfolgen kann, da man dann besser beurteilen kann, wie die zweite bzw. nächste Aufnahme plaziert werden muß. Hier ist eine neue Kamera nicht immer ein Fortschritt: meine alte APS-C-Kamera konnte das noch, bei meiner deutlich neueren Vollformatkamera geht es nur noch über den Sucher. Dann empfiehlt es sich, auf jeden Fall die Gitternetzanzeige zu nutzen und vorher gut zu überlegen, wie das Endergebnis aussehen soll. Ganz ohne Nachbearbeitung kommt man meistens nicht aus, da sich im „Doppelbild“ Kontraste und Farben mischen. Dies auszugleichen ist aber schnell erledigt.
Das erste der drei folgenden Bilder ebenso wie das Beitragsbild verdeutlichen, wie eine Blüte zum Leuchten gebracht werden kann, und zwar durch ein scharfes und ein unscharfes Photo. Diese Technik ist auch unter dem Begriff „Ortoneffekt“ bekannt. Hier ist ein Stativ oder der Live View unerlässlich. Die Pfingstrosenknospe mit der Fliege und der Ameise habe ich auf einem Blatt plaziert, dies ist eine Doppelbelichtung mit dem Live-View aus der Hand. Das letzte Photo (die Treppe und das Pflaster) auf der Mathildenhöhe in Darmstadt ist sozusagen „blind“ entstanden, d.h. beim zweiten Auslösen habe ich die Position anhand der Gitternetzlinien bestimmt.
Doppelbelichtungen in der Nachbearbeitung
Fügt man zwei (oder auch mehrere) Photos nachträglich in einer Bildbearbeitungssoftware, die den Umgang mit Ebenen erlaubt, zusammen, so ist man in der Bildgestaltung sehr viel flexibler. Weder müssen die Photos am gleichen Ort, noch zur gleichen Zeit entstanden sein, und sie können vorher aufbereitet werden. Dies soll anhand des folgenden Beispiels demonstriert werden.
So ist der „Denker“ entstanden
Das Hintergrundbild ist ein Ausschnitt aus einem Türrelief aus dem Jugendstilmuseum auf der Mathildenhöhe in Darmstadt. Es wurde beschnitten und die Farbsättigung verstärkt. Das Vordergrundbild ist eine Statue auf der Rosenhöhe in Darmstadt. Es wurde so nachbearbeitet, daß nur noch Schwarz und Weiß im Bild übrig bleiben. Beim Zusammenfügen habe ich die Option „negativ multiplizieren“ gewählt, dann erscheint das Hintergrundmotiv nur in den schwarzen Flächen. Das funktioniert auch mit einer Software, die schon etwas in die Jahre gekommen ist. Ich habe beispielsweise eine alte Photoshop Elements-Version verwendet.
Das Hintergrundbild ist so zurechtgerückt, das die Schraube zum Auge der Figur wird. Zum Schluß habe ich noch die Deckkraft der Vordergrundmotivs ein kleines bißchen reduziert, so daß die Hintergrundstruktur in den weißen Bereichen nicht ganz verschwindet.
Beispiele für zusammengefügte Photos
Zum Schluß möchte ich noch drei weitere Beispiele zeigen. Der Schattenmann ist in Darmstadt auf der Mathildenhöhe „zu Hause“, der Hintergrund stammt von Nachbars Birke. Beide Photos wurden in Schwarz und Weiß umgewandelt und – nach passender Skalierung – mit der Option „Multiplizieren“ zusammengesetzt. Im zweiten Photo wurden zwei Gebäude – ein Fachwerkhaus und ein modernes Wohnhaus – ebenfalls durch „Multiplizieren“ zusammengefügt. Beide Bilder sind an derselben Stelle in Hofheim am Taunus entstanden, ich habe mich lediglich um 180 Grad gedreht. Der blühende Apfelbaum schließlich bekam durch ein scharfes und ein unscharfes Photo sein malerisches Aussehen.
Doppelbelichtungen: ein herrlicher Spaß
Egal für welche Variante einer Mehrfachbelichtung man sich entscheidet, die Methode erlaubt die Umsetzung einer schier unendlichen Vielfalt an kreativen Ideen. Gerade am Anfang ist es nicht so leicht, Motive herauszusuchen, die gut zueinander passen. Auch hier gilt – wie immer in der Fotografie – Augen auf und ganz genau hinschauen. Mit der Zeit kann ein kleines Archiv entstehen, aus dem sich immer wieder neue Bildideen schöpfen lassen. Viel Spaß beim Ausprobieren!