Schweben in Wuppertal
Inhalt
Nach Wuppertal gehen!
Über die Wupper gehen – diese Redewendung hat es zu einiger Bekanntheit und Verbreitung gebracht hat, sogar bis nach Österreich und die Schweiz. Sie kann Verschiedenes bedeuten: Sterben, eine Haftstrafe antreten, Insolvenz oder auch Flucht (z. B. vor der Zwangsrekrutierung des Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I.) Der Hintergrund dieser Redensart ist eine Insel in der Wupper, auf der das königlich preußische Landgericht Elberfeld und ein Amtsgericht ihre Urteile – auch Todesurteile – fällten, daher auch der Name Gerichtsinsel.
Redensart hin oder her, heute ist Wuppertal ein interessantes touristisches Ziel, und das nicht nur wegen der Schwebebahn. Als es die Stadt so, wie wir sie heute kennen, noch gar nicht gab, war das Tal der Wupper eines der bedeutendsten Industieregionen in ganz Europa. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts waren die Städte Barmen und Elberfeld bedeutender als Dortmund, Duisburg oder Düsseldorf. Imposante Gebäude aus der Gründerzeit zeugen noch heute von dem alten Wohlstand. Und die Schwebebahn gab es auch schon vor der Gründung der Stadt Wuppertal, die erst 1929 als Zusammenschluß von Elberfeld, Barmen, Ronsdorf, Cronenberg und Vohwinkel entstand.
Keine Frage: Die Schwebebahn ist die Hauptattraktion in Wuppertal. Mit einer Zeitkarte kann man beliebig hin und her fahren; und davon habe ich zwei Tage lang reichlich Gebrauch gemacht. Entlang der Strecke und aus dem Rückfenster der Bahn ergeben sich reichlich Photomotive. Nette Wuppertaler machen dort für photogra-phierende Touristen auch schon einmal Platz. Regenwetter ist geradezu ideal, um attraktive Schwarzweißphotos zu schießen.
Tatsächlich Schweben tut hier natürlich nichts, technisch korrekt lautet die Bezeichnung „Einschienenhängebahn“. Der Konstrukteur selbst, Eugen Langen, hat den Begriff Schwebebahn kreiert – weil er so schön klingt.
Die Schwebebahn
Die frühe Industrialisierung und der wirtschaftliche Aufschwung ab dem 19. Jahrhundert führte zu einem regelrechten Verkehrschaos im engen Tal der Wupper. Eine schnellere Verbindung zwischen den Städten Barmen Elberfeld und Vohwinkel mußte her. Da für eine normale Eisenbahn im Tal kein Platz war, kam schnell die Idee einer Hochbahn auf. Schließlich bekam der Ingenieur Eugen Langen den Zuschlag, sein System zu bauen.
Im Jahr 1901 wurde die Schwebebahn nach und nach in Betrieb genommen, seit 1903 verkehrt sie bis heute zwischen Barmen und Vohwinkel. Ein ausführlicher Artikel über ihre Enstehungsgeschichte und Technik findet sich hier. Von den 20 Stationen sind einige architektonisch besonders reizvoll, z. B. die Station Werther Brücke, die im ursprünglichen Jugendstil wieder aufgebaut wurde. Sehenswert sind aber auch die modernen Haltepunkte, so die Station Kluse, eine Stahl-Glas-Konstruktion aus dem Jahr 1999.
Von den insgesamt 13 Streckenkilometern verlaufen 10 km über der Wupper, die letzten 3 km bis Vohwinkel über Straßen, gut zu erkennen auch an den unterschiedlichen Stützen. Vor allem die schmale Kaiserstraße mit vielen Häusern aus der Gründerzeit ist besonders reizvoll. Hier kann man vom Wagen aus direkt in das erste Stockwerk der Häuser schauen. Es sei aber betont: Viel zu sehen gibt es nicht! An der Endstation Vohwinkel befindet sich neben der Wendeschleife auch die noch aus der Bauzeit stammende Werkstatt. Hier steht in den nächsten Jahren eine Sanierung an. Die Querung der BAB 46 in Höhe des Sonnborner Kreuzes ist ebenfalls ein einzigartiger Anblick.
Das Briller Viertel
Ein zweiter Höhepunkt in Wuppertal ist das Briller Viertel, das größte zusammen-hängende gründerzeitliche Villen-viertel Deutschlands. Hier wurde ab 1870 nicht gekleckert, sondern geklotzt. Bis 1905 entstanden Wohnhäuser im Stil der Neogotik, der Neorenaissance sowie des Neobarocks. Später entstanden Gebäude im Bergischen Heimatstil mit Fachwerkelementen in den typischen Farben des „Bergischen Dreiklangs„: grau für Schiefer, weiß für die Fachwerkelemente und grün für die Fensterläden. Ca. 250 Gebäude stehen in diesem Quartier unter Denkmalschutz.
Man erreicht das Viertel von der Schwebe-bahnhaltestelle Robert-Daum-Platz und sollte für die Besichtigung reichlich Zeit mitbringen.
5 Tipps zum Photographieren (nicht nur) in Wuppertal
- Vorbereitung ist das A und O. Im Netz findet sich reichlich (Bild-)Material zur Schwebebahn und vielen anderen Themen. Bei wenig Zeit sollte man sich im Vorfeld zwei Sehenswürdig-keiten aussuchen. Schließlich möchte man ja auch in Ruhe photographieren. Stadtführungen, z.B. durch das Briller Viertel, werden meistens samstags angboten, bei Interesse muß das bei dem Reisetermin berücksichtigt werden. Insbesondere wäre zu klären, ob die Schwebebahn überhaupt fährt.
- Ein Besuch beim Fremdenverkehrsamt gehört bei mir zu jeder Städtetour dazu. Da ich nicht gleichzeitig mit der Kamera und mit dem Smartphone hantieren mag, bevorzuge ich kleine handliche Faltblätter für die Stadtrundgänge.
- Wer viel zu Fuß unterwegs ist, braucht eine leichte Kamera-ausrüstung. Ich hatte einen kleinen Rucksack dabei, in dem meine MFT-Kamera mit einem Zoom (12 – 40 mm, entspricht 24 – 80 mm Vollformat) genügend Platz fand. Ein lichtstarkes Objektiv ist von Vorteil, aber kein Muß. Wer bei Dunkelheit schwebende Lichtspuren photographieren möchte, sollte ein Stativ dabei haben.
- Das Wetter kann man sich bekanntlich nicht aussuchen; meine regenfeste Bekleidung hat sich ausgezahlt, denn bei „schlechtem“ Wetter lassen sich stimmungsvolle Aufnahmen machen. Und eine Kanne heißer Tee ist ja auch immer ein guter Begleiter.
- Vergeßt die Umgebung nicht! Am Abreisetag hatte ich am Vormittag noch etwas Zeit bis zum nächsten Termin. Daher habe ich mir noch einen Vorort von Wuppertal für eine Stippvisite ausgesucht: Alt-Beyenburg, ein typisches bergisches Dorf an der Wupper, die dort zu einem See gestaut ist. Auch hier findet sich der Bergische Dreiklang an vielen Häusern wieder.